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MAREK ARNOLD: Wie TOXIC SMILE zum "KLASSIKer" wird!

16.01.2018

TOXIC SMILE & CLASSIC EXTENSION ORCHESTRA - "...in classic extension" (2006)

Noch einmal Toxic Smile - der 3. Teil!

 

Wenn ich zurückschaue auf die Projekte der letzten Jahre, dann gibt es nur zwei, bei denen es wirklich gut war, zu Beginn deren Dimension nicht zu kennen, sonst wären sie aus Ehrfurcht vor ihrer Zeit- und Kostenintensität womöglich nie in Angriff genommen worden.

Dieses hier ist das wohl wahnwitzigste davon.

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Nach Abschluss der Arbeiten am zweiten Album "RetroTox Forte" standen wir TS`ler vor der Entscheidung, das nächste reguläre Album zu schreiben, oder mal etwas "Neues" zwischenzuschieben.

Zunächst planten wir eine kleine "Unplugged"-CD – doch just, als die Entscheidung dafür gefallen war, kündigten Pain of Salvation ihre "12:5" an - und parallel dazu wollten wir nicht zeitgleich ein Album veröffentlichten.

Ich kann mich nicht erinnern, wer die Idee hatte, ein paar Streicher hinzuzunehmen. Er sollte jedenfalls etwas lostreten, welches alle bisherigen Pläne über den Haufen schmiss. Wir waren plötzlich angetan von dem Gedanken, etwas wirklich "Neues" zu machen. Eine CD mit Streicher-Orchester und erweitertem Chorgesang sollte es sein. Aber nein, nicht einfach, wie vorher mehrfach von den Großen des Genres praktiziert, den Bandsound mit Streichern erweitern - sondern komplette Neuarrangements, und wir Musiker von Toxic Smile (abgesehen von den Drums ) mit klassischen Instrumenten als Teil des Orchesters!


Leider zeichnete sich bereits in den ersten Tagen der Planung ab, dass sich in der Band wohl personell etwas verändern würde. Unser Schlagzeuger Daniel konnte sich musikalisch mit dem Projekt nicht gleichermaßen identifizieren, auch war er nach dem Split mit BMG als Einziger von uns nicht wirklich glücklich mit der damaligen Entscheidung, den Vertrag zugunsten der Beibehaltung des „progressiven Rock“-Stiles platzen zu lassen.
Ein wirklich großartiger und stilprägender Drummer verließ also die Band. Doch glücklicherweise fanden wir in
Antonius Grützner schnell einen motivierten und brillanten Ersatz.
Etwas untypisch stieg Antonius also mit dem Klassik-Projekt bei uns ein, und seine Kontakte zur Weimarer Musikhochschule eröffneten uns dann ganz neue Perspektiven. Er machte uns mit
Raoul-Philip Schmidt bekannt, der unser Projekt im Rahmen seines Studiums betreute und fortan die organisatorischen Stricke des Projekts in der Hand hielt.
Ein absoluter Glücksfall, denn Raoul sah das Projekt nicht nur als "Job", sondern war mit Leidenschaft dabei. Tausend Dank nochmal dafür!

So knüpften wir Kontakte zu Musikern der Hochschule und dann sogar zu Paul Momberger, dem Dirigenten der "Neuen Philharmonie Frankfurt". Zu unserer Begeisterung waren diese Musiker und sogar Paul bereit, ohne Gagen für Proben und Aufnahmen mit uns dieses Projekt zu stemmen. Unglaublich - ohne diesen Enthusiasmus hätten wir an diesem Punkt bereits alle Planungen stoppen können.

Nun ging es an die konkreten Arrangements, die Auswahl der Songs.

Robert Brenner, Uwe Reinholz und ich machten uns an jeweils ausgewählte Arrangements, schrieben Partituren - was wir in unserem Leben nie vorher taten - wir verwarfen, schrieben neu, änderten, verwarfen wieder, oder testeten mit VST-PlugIns am Rechner die Wirkung.

Schon nach kurzer Zeit war klar, dass wir den Aufwand gnadenlos unterschätzt hatten. Glücklicherweise kamen hier liebe Musikerkollegen ins Boot, die uns mit großartigen Arrangements und z.T. kompletten Neubearbeitungen von TS-Songs unterstützten: Steven Tailor mit einer grandios-abgedrehten Version von "O.T.", Matthias Hirth mit einer wundervollen ausgefeilten Medley Bearbeitung und Friedemann Condé mit einer erweiterten Version des "RetroTox"-Vokalintros "Voix du passé ". Alle 3 wurden obendrein auch Teil des "classic extension"-Orchesters bzw. Chores. Eine besondere Rolle wurde obendrein Frank Sattler zuteil, der nicht nur ein Arrangement der Ballade "Escape" erstellte, sondern auch gemeinsam mit Andy Horn die Audioaufnahmen betreute.

Als die ersten Proben in Weimar mit Orchester starteten, ging die Suche nach einem geeigneten Veranstaltungsort los. Vor der Haustüre wurde dieser gefunden - das Schloss Waldenburg bot die perfekte Atmosphäre und Kulisse für die DVD-Aufnahme. So wurde dieses angemietet (Danke für die Unterstützung an den Landkreis Zwickauer Land und die Schlossverwaltung!), der Flügel musste mehrfach gestimmt und Heizgeräte wegen des langen Winters organisiert werden. Catering, Umkleidemöglichkeiten, Unterstützung vor Ort wurde organisiert und relativ schnell war außerdem klar, dass aufgrund der Größe des Orchesters aus Platzgründen nur ein äußerst kleiner Zuhörerkreis diesem Ereignis beiwohnen würde können. So finden sich denn im kleinen Publikum tatsächlich vor allem Freunde und Fans der Band aus den Anfangstagen wieder und ich glaube behaupten zu können, sie wurden Teil eines wirklich außergewöhnlich schönen und "besonderen" Konzertabends.

Nicht vergessen darf man hier auch die Unterstützung an Ton, Licht, Video, Foto... an diesem Abend im März 2005 und bei den Proben, u.a. durch Freunde und Familienmitglieder, PartnerInnen der Bandmitglieder und Mitwirkende. Und mit Sicherheit habe ich peinlicherweise jetzt einige ganz elementar wichtige, liebe Freunde vergessen. Bitte verzeiht mir ob der Größe dieses Unterfangens! Dass ich Larry B. beim Schlamm-Wrestling am Vortag eine lebensgefährliche Verletzung an der Wange hinzufügte, die kaum überschminkt werden konnte, soll Randnotiz bleiben.

Was für ein tolles Konzert war das dann!

Nun, wo Licht ist, ist oft auch Schatten. Der Schatten ereilte uns dann nach Sichtung und Ortung des Materials. Leider hatte es massive Probleme mit Kameras und den Audioaufnahmen gegeben, so waren z.B. die Übersprechungen des Schlagzeugs auf den anderen Kanälen am Abend viel schlimmer als bei den Tests vorherzusehen. Nach etlichen Wochen unruhigen Wartens teilte uns Andy dann mit, dass das geplante, qualitativ hochwertige DVD-Projekt auf seinem Label wohl so nicht realisiert werden kann.

Ich denke, jeder kann sich ausmalen, welche Frustration uns nach diesem zeitlichen (und auch extrem kostenintensiven) Kraftakt ereilte. Alles umsonst? So viele Beteiligte hatten sich den A... für nichts aufgerieben?

Nach langen Diskussionen, nahm sich Robert Brenner, z.T. gemeinsam mit seinem Bruder, der unzähligen (!!!!) Hi8-Videotapes ( ja, vor über 10 Jahren war noch nix mit HD ;)) an und ohne jemals vorher wirklich derart mit einem Videoschnittprogramm gearbeitet zu haben, ackerten er sich durch die Stunden an Material, konvertierte unter Hilfe von "Eggsbärdn" die Kameraformate und schnitt das Video nebst witzigem Abspann zusammen. Parallel dazu widmete sich Frank Sattler den - eigentlich komplett unbrauchbar scheinenden - Audiospuren und ihm gelang es, zumindest eine noch akzeptable Audioqualität hinzubekommen, meinen höchsten Respekt auch dafür!
Ein Freund der Band, DXAndy, übernahm ebenso uneigennützig die Erstellung des DVD-Menüs.

So wurde die DVD dann doch noch fertig gestellt. Ohne Label und ob der insgesamt natürlich dennoch nicht unseren eigenen Ansprüchen genügenden Video/Audioqualität entschieden wir uns, die DVD als kleine „Official Bootleg“-Variante in kleinster Stückzahl selbst zu veröffentlichen. Zum zweiten Mal stand Toxic Smile recht desillusioniert vor seiner weiteren Zukunft.

Die DVD war daher natürlich auch schnell vergriffen.

Eine Neuauflage schien noch vor wenigen Monaten der gleichen Gründe wegen unwahrscheinlich. Umso glücklicher bin ich, dass wir gemeinsam mit unserem heutigen Label „Progressive Promotion Records“ eine Lösung fanden, diese DVD nun doch noch zu veröffentlichen – nach 12 Jahren!

Als kleinen Ausschnitt verlinke ich "Pyramid" - hierbei gilt zu beachten, dass die Videoqualität des youTube-Links nochmals deutlich!!! schlechter ist als auf DVD - bei der Konvertierung des Materials kommt youTube leider nicht klar. Es gibt aber dennoch einen Eindruck vom Charakter des Projekts. In wenigen Wochen wird ein offizieller Trailer zum Projekt veröffentlicht.

Verpasst nicht, Euch mit diesem aussergewöhnlichen Konzertmitschnitt vertraut zu machen, es lohnt sich!


Vielen Dank an dieser Stelle nochmal allen Beteiligten, Unterstützern und Fans dieser Produktion!

Und ich will einen Wunsch nicht verschweigen: es bleibt ein Traum von mir, dieses Projekt noch einmal, idealerweise mit einem professionellen, crossover-erfahrenen Orchester, einer professionellen Film- und Audio-Crew zurück auf die Bühne und auf Veröffentlichung zu bringen. Wer also Sponsoren kennt oder findet oder anderweitige Kontakte hat, die zur Erfüllung dieses Traums führen könnten, möge sich bitte vertrauensvoll an uns wenden ;)

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Toxic Smile:

Larry Brödel - vocals
Uwe Reinholz - guitar
Robert Brenner - contrabass
Antonius Grützner - drums
Marek Arnold - piano, clar, sax

Orchestra / Choir:

Sylvia George, Stefanie Norbey, Philipp Reinhold, Christina Weschka - vl 1,
Antje Gruneberg, Christoph Hackmüller, Andrea Peschke - vl2,
Ildiko Ludwig, Stefanie Andres, Louise Denis-Nesprias, Friederike Engelhardt - vla,
Florian Bischof, Sebastian Keppler, Stefan Skupin, Jörg Riedel - vc, Steven Tailor- fl, bclar, Hille Weig - fl,
Sylvia Horn - ob,
Matthias Dietze - horn,
Bertram Schulz - perc,
Matthias Hirth - p,
Friedemann Condé, Dorothea Wagner, Georg Finger, Philipp Unger – voc


PS: Seitens der Musikreviews.de gilt ein besonderes Dankeschön Ingolf Schmock von RockTimes.de, der uns die hier verwendeten Fotos zur Verfügung stellte, die auch in seinem Konzertbericht zu der „in classic extension“-DVD zu finden sind.

Thoralf Koß - Chefredakteur (Info)