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Interview mit ASH OF ASHES (23.11.2019)

ASH OF ASHES

Die Lorbeeren, die Markus "Skaldir" Skroch mit seinem Band-Projekt ASH OF ASHES bislang eingeheimst hat, dürften den Sauerländer Vollblutmusiker weder zum Beine-Hochlegen verführen, noch schnell verwelken. Dafür ist "Down The White Waters" einfach zu stark geraten und auch noch ein Jahr nach seiner Veröffentlichung ragt das Debüt aus der Vielzahl der Alben im Pagan-Metal-Sektor heraus, umweht die Lieder doch etwas ganz Eigenes, nahezu Optimistisches, sowie oft genug ein authentischer Hauch von Bathory-Epik. Wir sprachen mit dem derweil weithin respektierten Produzenten allerdings nicht nur über den erfolgreichen Einstand mit ASH OF ASHES, denn Markus‘ Kreativität fließt in allerlei Gruppen zwischen Fantasy Folk und finsterem Elchtod...

Grüß Dich, Markus! Gerade hast Du mit ELANE das sechste Album veröffentlicht, welches quasi als Soundtrack zum Gesellschaftsspiel "Die Legenden von Andor" konzipiert wurde. Welche Herausforderungen ergaben sich dabei für Euch als Band und für Dich als den Hauptverantwortlichen in punkto Produktion; und bist Du zufrieden mit dem Ergebnis?

Grüß Dich, Thor! Ein Teil der Songs auf "Legends of Andor" war schon in einer anderen Form fertiggestellt. Und zwar lagen diese Lieder in längerer Fassung und mit vielen Atmo-Geräuschen geschmückt bereits als Download bzw. CD-Beilage zu Andor-Spielen dabei. Sie haben sich noch weiter im Hintergrund gehalten. Wir mussten sie dann für ein ELANE-Album vom Arrangement her komprimieren und ihnen stärkeren Song-Charakter geben. Ich würde aber sagen, dass die beiden "Arcane"-Alben für mich mehr Arbeit bedeuteten, weil einfach mehr Elemente zu mischen waren. Ich bin sehr zufrieden mit "Legends of Andor". Man kann es sich sowohl als Hintergrundmusik anhören als auch mit mehr Konzentration auf die Musik.

Musikfreunde, die ELANE bislang nicht kennen oder allenfalls am Rande wahrgenommen haben, könnten erstaunt sein, wie experimentell die Band sowohl musikalisch als auch im Hinblick auf die Album-Konzepte agiert. Nach der wiederholten Zusammenarbeit mit dem Schriftsteller Kai Meyer habt Ihr nun also Musik zu einem Brettspiel ersonnen. Das sind sicher willkommene Möglichkeiten, neue Hörer jenseits der hinlänglich bekannten Musikszenen anzusprechen, doch inwiefern seid Ihr selbst begeisterte Andor-Spieler oder Leser von Kai Meyer?

Nico kannte die Werke von Kai Meyer damals am Besten. Wir anderen haben uns dann eingelesen, oder haben Hörbücher gehört, um die Stimmungen zu erfahren. Joran wiederum hatte ein Andor-Spiel, und durch einen Fehler auf dem Spielbrett kam sie mit dem Macher Michael Menzel in Kontakt. Ich persönlich bin nicht so der Brettspiel-Fan, aber mir gefällt die Andor-Stimmung sehr gut, und vor allem Michael Menzels Bilder, die wir ja auch auf dem Cover und im Booklet verwendet haben, sind großartig.
Solche Begegnungen der verschiedenen Bereiche Buch, Musik, Spiel oder Film kommen nach meinem Empfinden in letzter Zeit häufiger vor. Es ist eine schöne Art, wie Fans des einen vielleicht auf ein anderes Gewerk aufmerksam werden.

Kommen wir zu ASH OF ASHES, Deinem und Mortens Epic-Metal-Projekt, das mittlerweile als Band seinen Einstand auf dem Ragnarök gegeben hat, und dessen Geschichte bislang fast ein bisschen zu märchenhaft klingt, wenn wir sie auf die Erfolge seit der Veröffentlichung von "Down The White Waters" verdichten. Wachst Du morgens manchmal auf und denkst "lass es nicht nur einen Traum gewesen sein"?

Haha, ich lebe den Traum! Das Glück ist mit den Tüchtigen, sagt man ja. Es ging schon wirklich toll los mit den Reaktionen der Käufer und der Presse. Und solch einen Auftritt auf der Ragnarök-Bühne als Live-Debüt zu haben, ist schon traumhaft. Teilweise hatte ich das Gefühl, wir machen den zweiten Schritt vor dem ersten, aber andererseits sind ja alle Beteiligten auch keine Neulinge in der Musikszene mehr. Nur ASH OF ASHES ist eben ein neu erschaffenes Projekt.

Nun hatte ich ja die Freude, "Down The White Waters" bereits bei Dir im Studio zu hören, und obwohl ich von dem Album sehr angetan war und bin, hätte ich mit der Vielzahl euphorischer Rückmeldungen nicht gerechnet. Du hast mit Deiner Musik anscheinend einen Nerv getroffen - wie nimmst Du das selbst wahr - und war es für Dich nur eine Frage der Zeit, bis diese Art von epischem Metal wieder mehr Gehör findet?

Die Pagan- Szene, zu der ich uns jetzt auch einfach mal zähle, hat ja eine rasante Entwicklung gehabt. Von den Anfängen Mitte oder Ende der 90er (jedenfalls hier in Deutschland) war dieser neue Stil sehr angesagt, aber Mitte der 2000er ging es doch schon steil bergab, wahrscheinlich weil viel zu viele Bands die Szene verwässert und lächerlich gemacht haben.
Übrig geblieben sind wenige große Bands. Durch Bands wie WARDRUNA mit ihrem Pagan Folk scheint auch der Pagan Metal wiederbelebt zu werden. Jedenfalls kommt mir das so vor.

Du hast ja mit Valdr bei HEL einigen phantastischen Bands aus dem Norden, allen voran jedoch Bathory Tribut gezollt, und auch bei ASH OF ASHES schimmern altbekannte Einflüsse z.B. im Arrangement von Chorgesängen, Melodieführungen und epischem Midtempo durch, allerdings hast Du in meinen Ohren noch nie so "befreit" aufgespielt, ja, für mich klingt es fast so, als ob Du angekommen wärest - womit ich Deine und Eure vorigen Aufnahmen keineswegs schmälern möchte. Sollte ich jedoch ein einziges Album nennen, womit ich Dich präsentieren dürfte, ich würde ab sofort ohne zu Zögern "Down The White Waters" nennen - kannst Du das nachvollziehen?

Ja, das kann ich. Und Du hast Recht: Ich finde auch, dass "Down The White Waters" etwas sehr Befreites hat. Es war ja auch ein ziemlicher Alleingang von mir, ohne jetzt die Beteiligung von Morten und Dennis schmälern zu wollen. Ich hatte da eine ganz klare musikalische Vision, und ein paar Jahre nach "Das Atmen der Erde" (das letzte Album von HEL - TJ) auch wieder richtig Lust auf diese Art von Musik. Ich denke so viel von mir persönlich ist in keinem anderen Abum, an dem ich beteiligt war.
Ich habe es sehr genossen, diese komplette Freiheit zu haben, wie etwas klingen soll, und ich hatte viel Zeit, weil lange niemand von dem Projekt wusste.

Es gab und gibt zahlreiche Bands, die Bathorys Erbe auf die eine oder andere Weise aufgreifen und Quorthons Impulse mehr oder weniger gelungen in der eigenen Musik integrieren. Hörst Du selbst z.B. ein Ereb-Altor-Album auch immer noch mit Neugier, wie die Schweden aus den überschaubaren Einflüssen vielleicht etwas Neues gewinnen können, oder fragst Du Dich manchmal, ob nicht doch irgendwann alles gesagt bzw. gespielt ist in diesem Bereich des Metal?

Ich finde, dass andere Metal-Genres stärker auserzählt sind als dieses. EREB ALTOR finde ich in der Tat klasse, und was ich bisher vom aktuellen Album gehört habe, fand ich sehr stark.
Melodische Formen vom Metal haben meiner Meinung nach grundsätzlich einiges zu bieten. Und was BATHORYs Erbe angeht, an einer Sache mangelt es den meisten Bands, meiner eingeschlossen. Und das ist völlige Authentizität. Gerade bei "Hammerheart" oder "Blood On Ice" schließt man die Augen und man ist praktisch in der Geschichte, die erzählt wird, dabei. Und das hat Quorthon mit viel begrenzteren Mitteln geschafft, als man heute zur Verfügung hat. Ich strebe jedenfalls weiterhin danach, wenigstens mal einen Song zu erschaffen, der so authentisch ist.

Zwei der schönsten Farbtupfer auf "Down The White Waters" setzte Mathias Gyllengahm von Utmarken und Norrsinnt auf der herrlich verwegen und erdig klingenden Nyckelharpa. Als Musiker und Produzent kommst Du angesichts solcher Kooperationen sicher kaum auf die Idee, zu behaupten, früher sei alles besser gewesen?

Mathias ist ein Phänomen! Auch wenn es nur zwei Stellen waren, hat es dem Album doch enorm viel gebracht. Ich möchte auch auf dem nächsten Album wieder ein paar spannende Gäste dabei haben.

Seit Jugendtagen ist Nico Steckelberg in verschiedenen Bands und Projekten ein musikalischer Weggefährte von Dir, und noch heute spielt und produziert Ihr bei ELANE zusammen. Wie wichtig ist Dir sein Ohr bei ASH OF ASHES als einem Projekt, dessen Musik Du zunächst im wesentlichen ganz alleine in den kalten Hallen Deines Studios austüftelst?

Er ist auch mein bester Freund. Wir arbeiten immer ganz gut zusammen finde ich, auch wenn unsere Charaktere sehr unterschiedlich sind. Aber es ergänzt sich einfach gut. Bei ASH OF ASHES habe ich ihn aber nicht wirklich zu Rate gezogen.

Über 300.000 Song-Aufrufe bei Spotify, das sind rund 100 Mal mehr als YouTube-Aufrufe des wirklich sehenswerten Clips zum Album-Opener. So etwas muss niemand verstehen, oder?

Naja, wir hatten das Glück dass der Song scheinbar einen Spotify-Mitarbeiter überzeugt hat, welcher ihn dann in eine Playlist mit vielen Hörern gepackt hat. Es kam jedenfalls sehr gelegen und hat mir geholfen, die kostspielige Vinylpressung zu refinanzieren. Ich denke, wenn man auf allen Plattformen durchstarten will, muss man einfach viel, viel live spielen.

ASH OF ASHES ist meines Erachtens nach ein gutes Beispiel für eine Band, die mit dem nötigen Engagement und Ehrgeiz ihr eigenes Ding ohne Plattenfirma durchzieht. Immer noch staunen Musiker, wenn gerade ich sie als Betreiber eines kleinen Labels frage, warum sie ihre Musik nicht selbst veröffentlichen wollen. Wie siehst Du das ein Jahr nach der Veröffentlichung: Was lief nicht so gut, und warum hat sich Dein Entschluss für Dich und die Band dennoch gelohnt? Was sollten Bands in Betracht ziehen, wenn sie eine Eigenveröffentlichung anstreben?

Es hätte auch in die Hose gehen können, und dann wäre ich auf hohen Presskosten sitzen geblieben. Ein Rat, den ich Bands geben kann, ist, sich genau zu überlegen, ob man Vinyl haben muss, da nicht nur die Herstellung, sondern auch der Versand teuer ist. Vor allem mit den kürzlichen Änderungen, die die Deutsche Post sich so überlegt hat.
Ich hab ja nichts gegen Label, man muss sich nur fragen, wie viel das bringt. Es gibt da draußen meist weniger Leute als man glaubt, die an einer neuen Band interessiert sind. Es scheint ein Naturgesetz zu sein, dass Leute lieber drei Farben einer LP einer bereits etablierten Band kaufen als mal einer neuen Band eine Chance zu geben. Der ganze Markt der Musikkäufer ist sowieso im Wandel, daher muss man am Ball bleiben, was solche Plattformen wie Spotify angeht. Hätte ich mich nicht damit beschäftigt, wie es funktioniert, Spotify ein bald erscheinendes Lied anzupreisen, dann würden die Zahlen bestimmt nicht so gut aussehen.

Euer Einstand auf dem Ragnarök kann wohl als ziemlich gelungen bezeichnet werden. Gibt es derweil Neuigkeiten oder wenigstens Gerüchte über weitere Konzerte?

Ein paar Sachen sind im Gespräch, aber allzu oft wird man uns 2020 wohl leider nicht sehen können.

Wie nimmst Du eigentlich die Bereitschaft von ELANE- und ASH OF ASHES-Hörern wahr, der jeweils anderen Band auch mal ein Ohr zu leihen - gibt es viele Fans, die beide Bands schätzen, oder hörst du häufiger mal einen Spruch im Sinne von "also damit kann ich nichts anfangen, das ist mir zu weichgespült, bzw. zu hart"?

An so etwas kann ich mich gerade gar nicht erinnern. Ich bin eher etwas überrascht, wie oft mir jemand erzählt, dass er uns über ELANE kennengelernt hat. Und auch der stilistische Unterschied zwischen ASH OF ASHES und ABSCESSION scheint manche Leute nicht davon abzuhalten, sich beides zuzulegen.
Umso überraschender ist es, wie wenige Leute doch die Verbindung von ASH OF ASHES zu HEL realisiert haben. Die schreiben mir dann ganz überrascht, dass sie das jetzt erst verstanden haben dass ich das bin. Jedenfalls scheinen viele Leute toleranter zu sein als man meint.

Du zockst ja u.a. mit Thomas von Throne of Heresy, deren erhabene Alben Du gemastert hast, bei ABSCESSION groovig-feisten Schweden-Death, der nicht nur zuweilen Erinnerungen an Edge of Sanity, sondern auch das eitrige Vokabular der ersten Nuclear-Blast-Kataloge weckt. Was macht nach all den Jahren den Reiz dieser Musik für Dich aus, die wir vor knapp 30 Jahren entdeckt haben? Und steht bald ein neues Album an?

Ja, das neue ABSCESSION-Album "Rot Of Ages" ist seit ein paar Tagen fertig! Jedenfalls, wenn keiner von uns einen technischen Fehler entdeckt...
Mir macht dieser groovige, melodische Swedeath einfach Spaß. Es ist nach einem ELANE- oder OVER-THE-HILL-Album ein guter Ausgleich (mit OVER THE HILL spielt Markus Irish / Celtic Folk - TJ). Genauso ist es andersherum: Jetzt bin ich fertig mit dem Death-Metal-Album, da möchte ich wieder Songs für ASH OF ASHES schreiben. Es gibt übrigens auch schon wieder einen ganzen Haufen davon! Im Moment bin ich sehr kreativ und schreibe so viel wie möglich. Ich war noch nie so zufrieden wie mit den Alben, die in den letzten zwei Jahren entstanden und veröffentlicht worden sind. Und mit denen, die da noch kommen werden.

Das ist schön zu hören, Markus - danke Dir für Deine Zeit & weiter frohes Schaffen mit all Deinen Projekten!

Skaldir: Ich muss mich bei Dir bedanken. Dir auch alles Gute für Deine Projekte!

Thor Joakimsson (Info)
Alle Reviews dieser Band:
  • Ash of Ashes - Traces (2022)