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Interview mit HORRIFIER (05.08.2023)

HORRIFIER

Die rohe Kunde, dass sich im norwegischen Metal-Underground bei Weitem nicht nur traditionale bis experimentierfreudige Schwarzalben zum Krachschlagen tummeln, dürfte mittlerweile weithin erschallt sein. Dass allerdings seit geraumer Weile das seinerzeit von eben jenen Kohlenkastenzwergen verhöhnte Metall des Todes im tiefsten Untergrund erstarkt, war nicht unbedingt zu vermuten. Auch in der Landeshauptstadt Oslo frönen junge Kerle einer düsteren Variante dieses schwermetallischen Stils, der in den späten Achtzigern bis frühen Neunzigern besonders beliebt war. HORRIFIER haben Ende 2022 mit "Howl From The Grave" ihr erstes Demo vorgelegt, das gnadenlos Nackenknochen bricht und als Einstand mehr als überzeugend geraten ist. Grund genug, bei dem Quartett vorstellig zu werden und nachzufragen, wie es nach solch horrormäßigem Auftakt weitergehen soll…

Hallo zusammen! Ihr habt im letzten Dezember mit "Howl From The Grave" Euer erstes Demo vorgelegt, und in der Tat handelt es sich um ein Furcht einflößendes Grabgeheul, das jeden Death-Metal-Maniac auf der Stelle hypnotisieren sollte, denn es wird so Ärsche tretend wie eingängig dargeboten, und Ihr macht damit keine Gefangenen. Es handelt sich also um ein sehr überzeugendes erstes Lebenszei… Verzeihung, Todeszeichen! Auf mich macht es den Anschein, als hättet Ihr einige Zeit und Energie in diese fokussiert klingende Aufnahme gesteckt…

Andreas: Um ehrlich zu sein, ist das Gegenteil der Fall, denn wir haben diese Veröffentlichung Handstreich-mäßig eingetrümmert. Das Schlagzeug habe ich selbst in der Schule ohne Tontechniker aufgenommen.
Adrian: Gitarre und Bass haben wir zuhause am Computer aufgenommen, und den Gesang in unserem Proberaum.

Wie ging es denn mit HORRIFIER los und welche Anekdoten sind es wert, erzählt zu werden?

Erik: Wir haben uns in der Buskerud Folkehøyskole kennengelernt, wo man eine Auszeit vom Studium nehmen und sich auf seine Hobbies konzentrieren kann. In unserem Fall handelte es sich dabei um Rock und Metal, und dazu wurde ein Kurs angeboten.

Nur damit ich keinem Irrtum aufsitze: Ihr habt Metal-Unterricht gehabt – wie cool ist das denn bitte?

Wir waren 15 junge Metal-Musiker in einem Raum, und zwar mit dem Auftrag, Musik zu schreiben. In der Schule spielten wir Konzerte, die sogar live auf YouTube gestreamt wurden. Eine Compilation mit den besten Songs des Jahres mit dem Titel "Ungt Blod 4" findet sich auf allen Streaming-Diensten. Als wir den Kurs abgeschlossen hatten, wollten wir weiter gemeinsam Musik machen und gründeten HORRIFIER.

Der altertümliche Death Metal, den Ihr spielt, wurde vor über 30 Jahren ins Leben (?) gerufen, und einige der Pioniere haben derweil graue Haare und mehr als 45 Jahre auf dem Buckel. Könnte man Euch als Fackelträger dieser Tradition bezeichnen, und fühlt Ihr irgendwelchen Druck auf Euren Schultern lasten?

Adrian: In einem Land voll von Black-Metal-Bands finde ich es einfach attraktiver, mich diesem Stil zu widmen.
Andeas: Und nein, wir fühlen keinen Druck auf unseren Schultern. Wir integrieren in unserer Musik zahlreiche verschiedene Einflüsse. Wir lieben es, Death Metal der alten Schule zu zocken, und die dazugehörige Szene gefällt uns besser.

Euer Demo klingt keineswegs modern, allerdings doch überraschend frisch, und gleichzeitig schwingt stets etwas Finsteres und Böses in Euren Songs mit. Wie nah seid Ihr mit diesen Aufnahmen Euren ursprünglichen Vorstellungen gekommen, und was habt Ihr dabei gelernt?

Adrian: Lustig, dass du das sagst, denn wir haben das Demo größtenteils digital aufgenommen, und haben uns dabei, wie gesagt, nicht viel Zeit gelassen. Deshalb klingen die Gitarren auch alles andere als tight und der Gesang kommt längst nicht so intensiv rüber wie live.

Auch das Bandlogo strahlt eine Aura des Bösen und des Horrors aus, und damit dürftet Ihr glücklich sein…

Sander: Wir sind in der Tat glücklich mit dem Ergebnis, denn es passt perfekt zu unserer Musik und unserer Bildwelt. Unsere liebe Freundin Ingrid Helland hat es für uns angefertigt, und es war ihr erstes Extreme-Metal-Logo. Sie ist also ein Naturtalent.

Mir gefallen die Gitarrensoli in Eurem finsteren Krach sehr gut. Was könnt Ihr zur Qualitätskontrolle beim Komponieren sagen?

Sander: Bis jetzt haben wir keine Songs verworfen. Für gewöhnlich kommen Adrian und ich mit Songideen um die Ecke. Die Qualitätskontrolle findet im Proberaum statt: Es kann vorkommen, dass wir Kleinigkeiten ändern, doch im Großen und Ganzen behalten wir die Songs in ihrer ursprünglichen Version bei.

Im Hinblick auf den Songaufbau, den Groove und die kontrastierenden Vokills erinnert mich „Brain Dead“ an den Death / Grind meiner Buddies Depression – handelt es sich um einen Zufall oder um einen kleinen Tribut?

Adrian: Einerseits nein, denn der Song ist von Impetigo und Repulsion beeinflusst, und andererseits ja, denn die Einflüsse aus dem Grindcore sind somit nicht zu leugnen.

Ihr habt bereits andernorts darauf hingewiesen, dass es sich bei "Howl From The Grave" um nicht mehr als einen ersten Schritt für HORRIFIER handelt. Was können wir also von den zukünftigen Songs erwarten?

Andreas: Wir nehmen dieser Tage unser Langspiel-Debüt im Studio Torment auf, und gehen davon aus, dass wir die Scheibe im kommenden Herbst oder Winter veröffentlichen. Wenn dir das Demo gefällt, dann wird dir das Album erst recht zusagen. Es enthält acht Songs, die schneller, härter und dreckiger klingen.

Letztes Jahr habe ich Norwegen besucht. Von den Landschaften war ich überwältigt, und auch die Zeit in Oslo habe ich genossen – abgesehen von den Preisen für Nahrungsmittel und vor allem Bier… Wie lässt sich ein entspannter Konzertabend verleben, ohne arm dabei zu werden?

Erik: Wenn du als Student ausgehen, Konzerte besuchen und eine schöne Zeit haben möchtest, musst du damit leben, arm zu werden.
Andreas: Meinem Eindruck nach hat es viel mit Zurückhaltung zu tun, und auch damit, sich nur an Wochenenden zu betrinken. Unter der Woche wird dafür kein Alkohol angerührt. Ich arbeite hier in Oslo in der "Kniven Bar", das ist eine Metal-Kneipe im Stadtzentrum. In den spannenden Stunden stehe ich also auf der "falschen" Seite des Tresens.

In Deutschland streben aktuell aus einer recht vitalen Underground-Szene einige Bands mit ungezügelter Leidenschaft nach oben. Wie sieht es bei Euch auf der Türschwelle aus – welche Bands könnt Ihr empfehlen und was sind Eure internationalen Favoriten?

Andreas: Im hiesigen Underground gibt es einige wenige Bands wie Inchoation, Impugner und Nithe, oder halt Bands, die bereits länger am Start sind wie Filthdigger, Diskord, Deathhammer und Obliteration. In Oslo wird zum ersten Mal das Oslo Deathfest steigen, und ich schätze, dass wird der norwegischen Death-Metal-Szene gut tun.
Adrian: Meine Lieblingsbands aus anderen Ländern sind vor allem alte Helden wie Autopsy, Repulsion, Nihilist und Impetigo, die allesamt starken Einfluss auf HORRIFIER haben.

Es scheint, als ob Ihr mit HORRIFIER so oft wie möglich live spielt. Ist das Euer bevorzugter Weg, die Band bekannter zu machen?

Erik: Wir spielen so oft live, wie wir die Möglichkeit dazu bekommen, und wir machen das, um uns einen Namen zu machen. Wir nutzen jedoch auch die sozialen Medien, um uns ins Gespräch zu bringen, zum Beispiel auf Instagram: @Horrifier_official Wenn wir erstmal das Debütalbum draußen haben, wird der Name HORRIFIER leichter die Runde machen.

Als Fanzine-Macher werde ich mit hunderten Promos bombardiert, und selbst als langjähriger Fan habe ich allenfalls noch einen oberflächlichen Überblick über das Geschehen im Underground. Wie erlebt Ihr diese Rahmenbedingungen mit HORRIFIER? Und wie kann es Euch gelingen, aus der Flut der Veröffentlichungen herauszuragen?

Sander: Derzeit befinden wir uns noch im tiefsten Underground, doch wir haben bereits auf dem Schirm, auch Konzerte im Ausland zu spielen, um unseren Sound in die Welt zu tragen. Wir wollen nicht bis ans Ende aller Tage in Norwegen versumpfen. Wenn uns jemand buchen möchte, dann meldet Euch einfach bei: Horrifier.deathmetal@gmail.com

Danke für Eure Zeit & hoffentlich bis "bald" bei einem Konzert!

HORRIFIER: Danke für dein Interesse.

Thor Joakimsson (Info)
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