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Interview mit KUGGUR (06.11.2021)

KUGGUR

Zwei Alben innerhalb weniger Monate hat Guðmundur Óli Pálmason unter dem Namen KUGGUR vorgelegt und damit sicher einige Fans seiner bisherigen Bands überrascht, denn der Isländer wartet auf dem Debüt "Emstrur" mit lupenreinem Dark Ambient und auf dem Nachfolgewerk "Borin Til Grafar" mit knorrigem Jazz Noir auf, also mit atmosphärischer Musik für die Abend- und Nachtstunden. Dass dem Ganzen doch ein Funke Black Metal Spirit innewohnt, liegt für Guðmundur auf der Hand, wie er in dem folgenden kurzen Plausch erörtert.

Hallo Guðmundur, Du hast erst kürzlich das zweite Album unter dem Namen KUGGUR veröffentlicht, unter dem Du auch als Photo-Künstler bekannt bist. "Borin Til Grafar" macht nun deutlich, dass Dir Atmosphäre wichtiger ist als das Festhalten an einem bestimmten Stil. Genießt Du mit KUGGUR mehr künstlerische Freiheit, auch im Hinblick auf die Eigenveröffentlichung, als bei Deinen (vorigen) Bands?

Es bringt nicht nur mehr Freiheiten mit sich, sondern die Herangehensweise ist eine ganz andere. Bis dahin habe ich immer mit anderen Menschen zusammengearbeitet - mit Ausnahme meines einzigen Black-Metal-Demos in den Neunzigern -, doch bei KUGGUR bin ich alleine am Start. Das heißt, dass ich lernen muss, mit meinen Grenzen zurecht zu kommen, und meine Grenzen wiederum für das Gesamtwerk nutzbar zu machen. Ich schätze, das ist der Grund, warum ich mich eher auf die Atmosphäre konzentriere als auf technische Kabinettstückchen, und bis heute war es immer atmosphärische Musik, die mich mehr als alles andere in ihren Bann zog.

In meiner Wahrnehmung erschien Dein Debüt-Album "Emstrur" quasi wie aus dem Nichts, und erinnerte mich mit seiner Kühle gleich an die für Cold Meat Industry typische Atmosphäre. Handelte es sich um eine eher spontane Aufnahme oder war das etwas, das über lange Zeit Gestalt annahm?

Es freut mich zu hören, dass es dich an die Cold-Meat-Industry-Bands erinnerte, denen ich in den Neunzigern gerne mein Gehör schenkte, während ich den meisten davon in den folgenden Jahren nicht mehr so viel Aufmerksamkeit widmete. Ab und zu lege ich allerdings den alten Kram von Mortiis auf. "Emstrur" war eine spontane Angelegenheit. Das Album stellte ich bereits nach drei Monaten fertig, und beim zweiten Album lief es genauso ab.

Auf "Borin Til Grafar" hast Du nicht nur einen Kurswechsel vorgenommen, sondern auch bereits angedeutet, dass es von "Borin" bis zu "Bohren" nur ein kleiner Schritt ist. Der Einfluss ist unverkennbar, gleichzeitig klingt das Album sehr persönlich. Ist das Deine Reflektion der Pandemie oder anderer düsterer Zeiten?

Ja, ich wollte einen nicht ganz so subtilen Hinweis auf den Einfluss von Bohren & der Club of Gore auf das Album geben. Ich kann nicht behaupten, dass ich ihr Level auch nur annähernd erreiche, doch als Ausgleich habe ich den Prozess ziemlich rau gestaltet. Da machte sich wohl der Arbeitsethos des Frühneunziger-Black-Metal bemerkbar. Auch wenn es sich bei KUGGURs Musik kein bisschen um Black Metal handelt, ist sie dennoch stark von der Ungeschliffenheit der guten, alten - bösen - Black-Metal-Tage beeinflusst.
Und in der Tat reflektiert das Album die von dir genannte Zeitspanne, genauer gesagt Januar bis April 2021, denn damals lebte ich erstmals alleine in der isländischen Pampa. Ich wartete darauf, dass meine Freundin und mittlerweile Verlobte nach Island ziehen würde. Es handelte sich also um eine Zeit der Einsamkeit, der Sehnsucht, aber auch der Hoffnung auf neue und bessere Zeiten, denn der Frühling kam und ich wusste, dass sie mit dem Ende des Sommers hier eintreffen würde.

Mit KATLA hast Du bereits in einer Höhle nahe meiner Heimat gespielt, und ich hoffe, dass es ein erinnerungswürdiges Konzert war. Wenn Du überlegst, wo sich mit KUGGUR auftreten oder die Musik installieren ließe - welche natürlichen Umgebungen fallen Dir ein? Wie würde "ein Abend mit KUGGUR" aussehen und tönen, wenn Du Deine Ideen umsetzen könntest?

Ich glaube, die einzige Möglichkeit, ein Konzert in der Balver Höhle zu toppen, wäre ein Konzert in einer Eishöhle, haha. Doch am Liebsten würde ich erleben, dass einige angeheuerte Musiker meine Musik spielen und ich im Publikum sitzen kann.

Du hast zur Veröffentlichung Deines zweiten KUGGUR-Albums geschrieben, dass Du bereits am dritten Album sitzt, was, nebenbei gesagt, ein Schachzug ist, für den Dir der eine oder andere professionelle Promoter die Zunge abschneiden wollen würde. Was können wir erwarten und wie sieht es eigentlich mit richtigen KUGGUR-Tonträgern aus?

Haha, ach ja, ich kümmere mich nicht groß um Promotion, denn ich erachte das jetzt nicht als Projekt, dass meine Karriere entscheidend nach vorne bringen wird. Und ich glaube nicht, dass ich meine Musik auf herkömmlichen Tonträgern veröffentlichen werde. Ich habe in meinem Leben Besseres zu tun, als 50 Stück über einen Mailorder zu verkaufen. Wenn es sonst jemand veröffentlichen möchte, dann von mir aus gerne.

Danke, dass Du Dir die Zeit genommen hast, Guðmundur! Ich fürchte, wir werden noch mal plauschen müssen, weil KATLA bisher nicht die Aufmerksamkeit bekommen haben, die sie mit der Veröffentlichung eines der vereinnahmendesten Alben der jüngeren Vergangenheit verdient haben. Doch das ist eine andere Geschichte... Glück auf mit all deinen Projekten!

Danke dir für deine willkommene Unterstützung!

Thor Joakimsson (Info)
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