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STEORRAH & AYAHUASCA - MTC Köln - 19.04.2024

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Wer aus der Domstadt und ihrem Umland nicht zum Roadburn Festival aufgebrochen ist, darf sich am Freitagabend jenes Wochenendes über ein Konzert zweier mehr als nur spannender Underground-Bands im Kwartier Latäng freuen, wo sich STEORRAH und AYAHUASCA die Klinke in die Hand drücken.

Karl Lauterbach gefällt das – nicht: "Wenn ich das nächste Mal eine Lungenentzündung habe, gehe ich nicht so schnell auf eine Bühne", unkt STEORRAH-Sänger und -gitarrist Andreas März zwischen zwei Liedern. Immerhin, anfängliche kleinere Ungenauigkeiten hat seine erst kurz zuvor mit neuem Bassisten ausgestattete Band zu diesem Zeitpunkt schon weitgehend hinter sich gelassen und spielt derweil ziemlich souverän auf. Beim gut gefüllten MTC handelt es sich zwar nicht um ein "Altstadt Abyss" im engeren Sinne, doch das Quartett aus der Bonner Nachbarschaft fühlt sich im Kölner Club offenbar wohl, denn es reißt einen bemerkenswerten Gig ab, der so stark auf Kontraste setzt wie selten zuvor: Aus den Anfangstagen der zunächst oft mit Opeth verglichenen Band rührt der finstere, mitunter drückend massive Metal her, dem die Bezeichnung "Death" schlichtweg nicht mehr gerecht wird, gleichwohl Andreas noch viel growlt – erbaulicher sind vor allem die mit Gitarrist Nicolao dos Santos im Duett gesungenen Zeilen. Damit verwoben werden Passagen, in denen STEORRAH viel Raum für Töne lassen, die manchmal eben nicht auf den Sechs- bis Siebensaitern gespielt werden, sondern sich aus einer gewissen Zurückhaltung ergeben – das ist ganz großes musikalisches Kino und weist weit über herkömmlichen Metal hinaus. Könnt Ihr Euch etwas unter Dark Chillout Metal vorstellen? Falls nicht, doch Eure Neugier geweckt ist, dann tut Euch einen Gefallen und besucht ein Konzert der Jungs! Denn auch wenn STEORRAH ganz klar mehr auf Melodie und Atmosphäre als auf Aggression setzen, so entwickeln sie immer wieder eine gewisse Wucht, und Nicolao dos Santos setzt gelegentlich Akzente im "fast forward" Modus, die jedoch nie in sinnbefreites Gefrickel ausarten, sondern den Song tragen. Eine starke Performance einer Band, die seit etlichen Jahren ihren ganz eigenen Stil entwickelt.

Mit den Lokalmatadoren von AYAHUASCA folgt die Abteilung Attacke, die zackiger aufspielt, und mit dynamischen Kontrasten, eigensinnigen Wendungen und wilden Stilmixen keineswegs geizt. Dem äußeren Anschein nach ein metallischer Wanderzirkus auf Reisen, beweisen die sieben Musiker auf der gemütlichen Bühne nicht nur ihr Organisationstalent beim Aufbau, sondern auch nahezu blindes Tetris-Geschick beim Gig: Es ist bemerkenswert, wie bei dem Bewegungsdrang zumindest einiger Musiker heftigere Zusammenstöße vermieden werden und die Band einen von Anfang an energischen Auftritt aufs Parkett legt, bei dem allerhand schwermetallische Stile zu einer groovenden Monströsität fusionieren, die dem nun auch stärker in Bewegung kommenden Publikum ordentlich einheizt. Als mit der Musik der Band nicht vertrauter Zaungast kann ich über die bemerkenswert sportliche Darbietung vor allem staunen, denn abgesehen davon, dass AYAHUASCA ganz offensichtlich mit einem doppelten Arsenal in Instrumenten zur Tat schreiten, so verlassen sich die Musiker nicht ausschließlich auf die gnadenlos eingängig groovenden Riff-Salven im Grenzbereich von Thrash- und Death Metal, sondern flechten alldieweil entspannende Klänge ein. Dass die Band auch mal ein wenig übers Ziel hinausschießt, wenn von der Maultrommel im Metal-Mahlstrom nichts mehr zu hören ist: Geschenkt, der Einsatz zählt, und die Spielfreude der Kölner macht das locker wett. Mit ihrer Musik fordert mich die Band nahezu unablässig heraus, denn mit fast jedem Song geht es in einen dicht zugewucherten metallischen Irrgarten, in dem sich stets die Frage stellt, was wohl hinter der nächsten Abzweigung lauert – Überraschung: Es kann sogar melodischer Power-Metal-Gesang sein! Die heute Abend vorgestellten neuen Kompositionen machen dabei auf mich einen stärker atmosphärischen Eindruck, während aus den älteren Nummern viel Gift und Galle stieben. Nach sieben Songs habe ich für den heutigen Abend genug und begebe mich auf den Heimweg, auf dem Gewitter ausbleiben – kein Wunder, denn die tobten sich ja bereits in musikalischer Form kurz zuvor im Club aus.

Thor Joakimsson (Info)

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