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Pain Of Salvation: Road Salt Two (Review)

Artist:

Pain Of Salvation

Pain Of Salvation: Road Salt Two
Album:

Road Salt Two

Medium: CD/LP+CD/Download
Stil:

Hard Rock/Progressive

Label: InsideOut Music
Spieldauer: 53:41
Erschienen: 23.09.2011
Website: [Link]

Die für PAIN OF SALVATION in der letzten Dekade typische Kunstpause von mindestens zwei Jahren zwischen zwei Alben wird diesmal nicht eingehalten: Der Vorgänger kam erst im letzten Jahr heraus und spaltete wie so oft die Gemüter. Dass die Schweden wieder an den Prog Metal der ersten Jahre ihrer Bandgeschichte anknüpfen, darf mittlerweile als unwahrscheinlich angesehen werden. Deswegen ist es nicht verwunderlich, dass "Road Salt Two" stilistisch eng mit dem Vorgänger-Album verbunden ist und auch vom Cover her wie der dunkle Bruder desselben anmutet. Große Teile beider Werke sind innerhalb derselben Aufnahmesessions entstanden und hätten auch als Doppel-Album veröffentlicht werden können.

Auf der Speisekarte steht also wieder organischer, bluesiger Seventies-Rock mit trockenen Stoner-Gitarren und folkloristischen Ausflügen, die PAIN OF SALVATION spätestens zu "Be"-Zeiten für sich entdeckt haben dürften. Wie beim Vorgänger stellt sich wieder dieser kurze Enttäuschungseffekt nach dem ersten Hördurchlauf ein, der bei weiteren Rotationen in der Anlage nach und nach abnimmt, wenn die vermeintlich straighten Rock-Nummern mehr und mehr Details und Ideen preisgeben. Mit ein paar Stücken verhält es sich so wie mit diesen Wackelbildern, die unterschiedliche Motive zeigen, je nachdem, welchen Betrachtungswinkel man wählt. Was zuerst noch als stimmgewaltige Retro-Nummer reinlief, offenbart plötzlich proggige Passagen, rhythmische Spielereien mit folkloristischem Flair und schroffe Riffverschiebungen, die auch denen gut reinlaufen dürften, die es gerne etwas verschachtelter und komplexer mögen.

Höhepunkte sind nicht leicht zu identifizieren. Spaß macht der knochig-knorrige Rocksound von "Softly She Cries", der gepaart mit Streichern (kein Klassik-Meets-Rock-Kitsch!) und der berstenden Rock-Röhre Gildenlöws live sicher auch autistische Progger aus der Reserve locken dürfte. Das melancholische, losgelöst treibende "To The Shoreline" kommt gegen das Gänsehautmonument "Sisters" vom Vorgängeralbum zwar nicht an, bringt in seiner Kürze aber durchaus die Seele zum Schwingen.

Das beinahe sieben Minuten lange "Eleven" führt den Hörer mit funkigen Gitarren und cooler Jam- und Frickelpassage in die Anfangstage von PAIN OF SALVATION zurück (Entropia!), wobei die geröllartig rumpelnden Gitarren, welche die Rückschau in die Vergangenheit klammern, wie ein Bogen wirken, der den neuen und alten Sound der Band miteinander verknüpft. Mit einfachem, balladeskem Blick schaut "1979" nostalgisch zurück in vergangene Zeiten ("the sixties were gone", "the eighties were still just a promise"). Angenehm hierbei ist, dass Gildenlöw sich nicht an der Verklärung eines ganzen Jahrzehnts durch Pseudo-Argumente versucht, sondern die rosarote Brille persönlicher Erfahrungen aus jener Zeit ganz offen zur Schau stellt.

Die wüste Brachialnummer "Mortar Grind" sollte den meisten schon von der "Linoleum"-EP bekannt sein. Ähnlich, wie Lars von Trier im Filmischen seine Darsteller schauspielerisch an ihre Grenzen treibt und dabei beinahe einer emotionalen Bloßstellung aussetzt, brüllt, singt und röhrt Gildenlöw sich hier mit zerreißenden Stimmbändern derart in Rausch, dass die Grenze des erträglichen zumindest beinahe, aber wirklich nur beinahe überschritten wird.

Richtig cool wird's dann noch mit "The Physics Of Gridlock". Nennt mich bekloppt, aber für mich klingt das am Anfang wie eine weniger technisch orientierte Version von TOOL mit Seventies-Tick. Die Sperrigkeit wird in versöhnlich-melodischen Parts aufgehoben und wenn Gildenlöw plötzlich mit rauchiger Stimme den Tom Waits mimt, zeichnet sich ein breites Grinsen im Gesicht ab. Die Fantasie geht den Schweden am Ende durch, wenn der französische Gesang klingt wie irgendeine Form von Düster-Chanson mit Twin-Peaks-Atmosphäre im Western-Stil. Oder um weiter filmisch zu sprechen: Das hört sich an, als würde Angelo Badalamenti den Soundtrack schreiben für "Deadwood" oder einen Django-Film, den David Lynch auf dem Regiestuhl ins Abgründige überführt hat.

FAZIT: Die eine oder andere Perle möchte auf "Road Salt Two" erst freigelegt werden, bevor sie richtig zu funkeln beginnt. Wer den Vorgänger nicht mochte, wird mit dem zweiten Teil des Straßensalz-Konzepts nicht glücklich werden. Wer aber den neueren Sound der Schweden zu schätzen weiß, wird nicht enttäuscht werden. Und dass Daniel Gildenlöw zu den variabelsten und vielseitigsten Sängern überhaupt gehört, der spielend leicht zwischen zwei Gefühlsregungen 10.000 Nuancierungen zu verpacken versteht, das muss an dieser Stelle wahrscheinlich nicht zum dutzendsten Mal erwähnt werden. Spannend bleibt es, wohin die Reise von PAIN OF SALVATION in Zukunft gehen mag, denn ein "Road Salt Three" ist ja nun mehr als unwahrscheinlich.

Nils Herzog (Info) (Review 9777x gelesen, veröffentlicht am )

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Wertung: 11 von 15 Punkten [?]
11 Punkte
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Tracklist:
  • Road Salt Theme
  • Softly She Cries
  • Conditioned
  • Healing Now
  • To the Shoreline
  • Eleven
  • 1979
  • The Deeper Cut
  • Mortar Grind
  • Through the Distance
  • The Physics of Gridlock
  • End Credits

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
Kommentare
A.Schmidt
gepostet am: 24.09.2011

User-Wertung:
14 Punkte

Ich war vom zweiten Road Salt-Teil positiv überrascht. Zwar war meines Erachtens der erste Teil bereits nicht schlecht, aber eben doch noch ein gutes Stück von den vorherigen Werken entfernt. Bei Road Salt Two hatte ich allerdings nicht den vom Autor beschriebenen Enttäuschungseffekt im ersten Durchauf. Im Gegenteilt: Ich fand das Album auf Anhieb (und nach inzwischen rund zehn Hördurchgängen noch mehr) ansprechend - allerdings ohne pop-artig eingängig zu sein. Der neue Stil ist natürlich nicht mit The Perfect Element I vergleichbar. Eher finden sich schon ein paar Anleihen an BE oder Scarsick. Das wichtigste ist aber, dass Road Salt Two meines Erachtens auch und erst recht alleinstehend betrachtet sein sehr gutes Album geworden ist.
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